Tipp: Bist du das erste mal auf der Seite Feuerschweißen, dann starte mit dem ältesten Artikel (28. Juli 2019, "Tipps zum Schweißen im Feuer"). Einfach nach unten scrollen!
Rainer, unser "Hoffotograf", hat die Makrofotografie für sich und uns entdeckt.
Jetzt ist man ja manchmal recht froh, wenn einer nicht ganz so genau hinschaut, aber wir haben mal es genauer betrachten lassen. Damast mal unter der Lupe mit 30-50-facher Vergrößerung.
Die Vergrößerung oben stammt von der Damastklinge des Messers TS-6.
Ist echt der Hammer, was man bei der Makrofotografie so alles zu sehen bekommt. Muster im Damast, welche sich mit dem bloßen Auge grob abzeichnen, zeigen sich bei Vergrößerung mit kleinteiligen Schichtungen, welche in den groben Mustern versteckt sind.
In den letzten beiden Artikel zum Thema "Feuerverschweißung / Feuerschweißung" wurde viel über die Theorie geschrieben. Atomare Bindungen, Korngrößen, Schichten zwischen den einzelnen verschiedenen Stahlsorten,.... auf dem obigen Bild wird das ganze sichtbar!
Übrigens, das Sterndamastfoto stammt vom Jagdnicker, ein gelungenes Messer aus einem Schmiedekurs der Telchinen-Schmiede.
Für die Fertigung der Türangeln bei Campus-Galli wurden wir auch mit Puddeleisen konfrontiert.
In der Vergrößerung sieht man sehr gut, dass hier mehrere Schichten mittels Walzen verbunden wurden. Während der Bearbeitung haben sich die einzelnen Schichten voneinander gelöst.
Erstmal muss ich was los werden. Es freut mich riesig, dass die Webseite so wahnsinnig viele Leser hat. Insbesondere der vorangegangene Artikel über das Thema "Schweißen im Feuer" erreichte mittlerweile über 20.000 Schmiedebegeisterte weltweit. Dankeschön!
Das letzte Mal haben wir das Thema "Feuerschweißen" versucht so einfach wie möglich darzustellen. Natürlich bleiben da nach der Lektüre noch Fragen offen. Hans Gruber hat in seinem Kommentar zum letzten Artikel die folgende Frage aufgeworfen : "Einerseits sollen die zu verschweißenden Materialien im ähnlichen Temperaturfenster liegen und anderseits empfehlt ihr Kohlenstoffstahl mit Reineisen zu verschweißen.... widerspricht sich das nicht. oder stehe ich auf der Leitung?"
Gibt es da eine einfache Antwort?
Liegt ein Widerspruch in der Erklärung vor?
42!
Oh Mann, ich sollte das Lesen der englischen Hochliteratur, wie "Per Anhalter durch die Galaxis", bleiben lassen.
So, jetzt mal im Ernst!
Wir tauchen nun hinab auf die atomare Ebene und betrachten nun genauer was da passiert und erklären die ein oder anderen Begriffe.
Um die Dinge im kleinen betrachten und verstehen zu können gehen wir in die 1940er Jahre zurück, in die Zeit der überschweren Dampflokomotiven. Die Dinger wurden damals immer schwerer und plötzlich trat ein Phänomen auf, was zwar schon beobachtet wurde, aber keiner so richtig auf dem Schirm hatte, die "KALTVERSCHWEIßUNG"!
Blieb die Lokomotive ein paar Tage auf einem Fleck stehen, haben sich die Räder mit den Schienen unlösbar verbunden.
Was ist da passiert?
An den Kontaktflächen zwischen Rad und Schiene wurde das Material so stark durch das hohe Gewicht aneinander gedrückt, dass sich die Unebenheiten an den Oberflächen einebneten/glätteten und es hierdurch möglich wurde, dass die atomaren Anziehungskräfte Rad und Schiene an der Grenzfläche untereinander zu einem stabilen Atomgitter verbanden. Die Folge war eine stoffschlüssige Verbindung.
Das Rad sieht man noch und die Schiene auch. Druck dazu. Klingelt es schon?
Das sieht doch an den Grenzflächen verdammt so aus wie Damaststahl, den man in der Esse verschweißt hat!
Jetzt neigen wir in der Telchinen-Schmiede ja gerne zur Selbstüberschätzung, aber so bekloppt sind nicht mal wir, dass wir eine Kaltverschweißung durch reine Muskelkraft versucht haben.
Aber klar ist, es wird Druck benötigt, egal ob mit dem Hammer in der Hand, einer Presse oder einem Maschinenhammer.
Als nächstes machen wir uns über die zweite Komponente einer Feuerverschweißung her und geben dem Atom im Metall ein wenig Hilfestellung bei der Anziehungskraft, sozusagen schlüpfen wir in die Rolle eines "Hochzeitslader".
Und wie machen wir das?
Gehen wir einen Schritt zurück.
Bei den meisten Schweißverfahren wird das Metall an der Verbindungsstelle geschmolzen. Es liegt uns also in flüssiger Form dar.
Jetzt mit dem Hammer in der Schmiede auf flüssiges Metall zu klopfen, wird in den seltensten Fällen zu einem Damastmesser führen.
MMHHH!?
Wir kombinieren nun die beiden Zutaten Wärme und Druck. Der Stahl, das Eisen wird so warm gemacht, dass es gerade noch fest ist und der Hammer gibt den Druck.
Am Beispiel von Reineisen erkläre ich mal was auf atomarer Ebene passiert. Das wird dann auch die Frage von Hans und dem vermeintlichen Widerspruch aufklären. Ich versuche es wie immer so leicht verdaulich zu machen wie in den anderen Artikeln.
Hier ein paar Kenndaten zu Reineisen.
(Die Erklärung zu den angegebenen Raumgittertypen findest du hier : "Gittertypen der Metalle")
Bei jeder Gitterumwandlung ändern sich die Bindungsenergien der Atome (Haltepunkte).
Und, was haben wir bei der Kaltverschweißung gelernt? Richtig, da waren die Anziehungskräfte der Atome am Werk!
Durch die Wärmezufuhr in der Esse verändern wir die Bindungsenergie der Atome und erleichtern es ihnen, einen "neuen Partner / neues Atom" zu finden. (auch die Bewegungsenergie spielt da eine Rolle)
Die Glättung/Einebnung an den Kontaktflächen wird durch den Druck (Hammerschläge) und die Plastizität des heißen Eisens vereinfacht.
Da wir als Schmiede eh so gut wie nie an wirklich reines Eisen kommen ( findet eigentlich nur Verwendung in speziellen Bereichen wie Magnetherstellung z.B. für ein MRT) , ist es leichter sich den groben Temperaturbereich zu merken, in dem sich unser Schmiede-Reineisen feuerverschweißen lässt.
Grob gesagt von ca. 770°C bis 1350°C.
Du siehst es ist ein sehr großes Temperaturfenster. Damit gibt es in der Praxis fast keinen Stahl, den man nicht mit Reineisen kombinieren könnte.
Du erkennst jetzt aber auch, warum kleinste Verunreinigungen, wie Zunder und Fett dir das Gelingen einer Verschweißung versauen können.
Jetzt wäre die Sache relativ einfach, wenn man nur Reineisen betrachtet. Das in der Esse auf Schweißtemperatur zu bringen und dann zusammenzuklopfen, das wird meistens von Erfolg gekrönt sein.
Der breite Temperaturbereich und die relativ unkomplizierte Handhabung sind beste Voraussetzungen um als "Bindeschicht" zwischen zwei Stählen oder als äußerer "Temperaturschutz" (Ummantelung) eines Damastpaketes zu dienen. Natürlich sollte beim Einsatz von Reineisen als Zwischenschicht die "Abkohlung" des zu verbindenden Stahles berücksichtigt werden. Ruck zuck ist aus einem härtbaren Stahl ein für z.B. Messer untauglicher Stahl geworden.
Nun hat die Menschheit selten so viel Glück, dass was einfach bleibt, deshalb sind im Eisen oft Legierungsbestandteile . Mal verbessern sie den Werkstoff und manchmal verschlechtern sie die Eigenschaften. Was der Festigkeit zum Vorteil gereicht, kann für die Schweißbarkeit ein Fluch sein.
Die Legierungselemente verändern nicht nur die Umwandlungstemperaturen (Haltepunkte) , sondern verändern auch das Gefüge und die Korngrößen im Werkstoff.
Jetzt darfst also atomare Bindungskräfte, Gefügeveränderungen, Kornbildung , Diffusion der Atome innerhalb des Werkstückes und quantenmechanische Effekte im Verhältnis zur Temperatur berücksichtigen. Dann packst jetzt noch so profane Dinge wie Luftzufuhr, Schlagkraft mit dem Hammer, Hotspots im Feuer, Wärmeabfuhr über Amboss und Hammer, Lichtverhältnisse bei der Temperaturerkennung, Schwefeleintrag durch Steinkohle, Entzug/Zufuhr von Kohlenstoff über das Kohlefeuer, Rotbrüchigkeit, etc...... dazu und du kriegst einen "Vogel"!
Die meisten Damastschmiede verwenden deshalb ihre 2-3 Stahlsorten in ihren Paketen. Da wissen sie, wie sich die Stähle bei welcher Temperatur verhalten und können ihre Schmiedetechnik perfektionieren und mit Mustern rum experimentieren. Wahre Kunstwerke werden so seit den Anfängen des Eisenzeitalters geschaffen. Respekt an alle Schmiede, welche die Techniken beherrschen.
Es gibt für jedes Material ein Datenblatt mit den wichtigen Infos. Du kannst diese bei deinem Lieferanten anfordern, am besten mit Temperaturdiagrammen für Wärmebehandlungen, oder zum Beispiel im Stahlschlüssel nachlesen.
Jetzt kommen wir wieder zur großen Klappe. Für uns in der Telchinen-Schmiede ist die Verwendung des immer gleichen Ausgangsmateriales nicht der Weg den wir gehen. Das Interessante für uns ist das immer wieder NEUE. Der Vorgang des Schweißens im Feuer an sich. Die richtige Temperaturführung sehen, erspüren, erahnen, das ist unsere Herausforderung, der wir uns stellen. Natürlich kriegen wir einen Rosen-, Feder-, Schleif-,....Damast hin, aber der Reiz der Gratwanderung beim Verschweißen von oft unbekanntem Material ist für uns das Spannende!
Schnapp dir den Hammer, heize deiner Esse tüchtig ein und finde heraus was dir den "Kick" gibt!
Und, es gibt keinen Fehlschlag, sondern nur neue, spannende und interessante Erfahrungen!
Und denke daran, die Schmiede vor hunderten von Jahren sind auch ohne den Theorie-Kram zum Erfolg gekommen, also WAG ES!
Immer wieder werden wir gefragt, wie wird den so ein Damast (-Messer) gefertigt?
Die Antwort ist dann recht "einfach", durch "Verschweißen von verschiedenen Eisen- und Stahlsorten im Feuer".
Jetzt ist dann meistens der Zeitpunkt, wo der fragende Blick des interessierten Leihen einen anstarrt, oder der Schmiedeprofi die Augenbrauen hochzieht und die nächste Frage hinterherschiebt, "warum klappt das bei euch meistens und bei mir nicht?"
Versuchen wir mal eine "befriedigende Antwort" zu finden. Auf geht ´s!
Das Besondere an Eisen/Stahl!
Tauchen wir mal kurz in die Physik ein. Jeder kennt die 3 klassischen Aggregatzustände von z.B. Wasser:
Bevor jetzt ein übereifriger Physikstudent wieder sein neu gewonnenes Wissen breittreten will, STOP!, Klappe halten, wir wollen es bei einfach und verständlich belassen :-) Wer tiefer eintauchen will, darf gerne eine Nachricht schicken.
So, weiter!
Jetzt kennst die drei Aggregatzustände, FEST, FLÜSSIG, GASFÖRMIG!
Wenn sich Eisen wie Wasser verhalten würde, dann wäre das gelinde gesagt Sche.....! Stell dir vor, du machst das Eisen in der Esse heiß und bei der Umwandlungstemperatur, PUFF, wird das Eisen flüssig und flutet dir die Schmiedeesse.
Irgendwie ist das bei Eisen anders. Du machst Eisen/ Stahl warm und es fängt nicht nur zum Glühen an, sondern es wird immer "weicher". Die Festigkeit des Werkstoffes nimmt mit zunehmender Temperatur ab, aber es bleibt in seiner anfänglichen Form.
Irgendwann erreichst du dann die Temperatur bei der Eisen/Stahl "TEIGIG" wird, so ähnlich wie zäher, fester Brotteig.
Dieser teigige Zwischenzustand in dem Eisen/Stahl über eine breitere Temperaturspanne bleibt, ist das Besondere an Eisen und Stahl. Erst diese Eigenschaft ermöglicht es Eisen/Stahl im Feuer zu verschweißen!
Merke:
Jetzt kann man darüber ganze Bücher und Abhandlungen schreiben, aber das wird in der Praxis nur von zweitrangigen Nutzen sein. Trotzdem sollte man wissen warum man was tun soll.
Dir ist vielleicht schon etwas aufgefallen, oder?
Richtig, das mit den unterschiedlichen Temperaturspannen. Es lässt sich einfacher Feuerschweißen, wenn sich die Temperaturbereiche, in der das Material teigig ist, überschneiden.
Richtig interessant und spannend wird es aber dann erst, wenn die Temperaturbereiche soweit auseinander liegen, dass der eine Stahl eigentlich schon längst verbrennt, während der andere noch nicht mal in den teigigen (schweißfähigen) Temperaturbereich angelangt ist. (z.B. Messer TS-2)
Ich hoffe dir helfen die Tipps und viel Spaß beim Feuerschweißen!