Was ist mit den Zwergen passiert?

 

Wenn du in der alten Zeit rumkramst und dabei die Schmiede im Auge hast, dann wird dir auffallen, dass meistens irgendwelche Zwerge, Kobolde, halt mythologische Wesen als die besten Schmiede genannt werden.

 

Vor allem in Europa tauchen hier immer wieder ZWERGE als herausragende Schmiede auf.

 

In der nordischen Mythologie und deren Sagenüberlieferung der EDDA tauchen Zwerge auf, die haben nur ein Problem, sie sind gar nicht klein! Eigentlich sind sie sogar ein wenig größer als ein normaler Mensch, aber halt kleiner als die in der Edda erwähnten RIESEN. Sie waren edel und richterlich und konnten sagenumwobene Schwerter schmieden.

 

Jetzt kennt aber jeder von uns ein Märchen, wie z.B. Rumpelstilzchen, in dem die Zwerge als geheimniskrämerisch, verschlagen, zauberkundig, reich, in Höhlen lebend, kleinwüchsig, usw. dargestellt werden.

 

Was ist da passiert, dass die Zwerge plötzlich "klein" und von ritterlich zu geheimniskrämerisch wurden?

 

Neuste Sagen- und Märchenforschungen haben einige Verknüpfungen zur Entwicklung und zu Handelsbeziehungen nach Venedig ans Licht gebracht.

 

Ich werde ein wenig mit der Erklärung ausholen müssen, damit die Sache mit VENEDIG deutlich wird.

 

Früher waren Schmiede nicht nur Leute, die Metall mittels hämmern umformten, sondern sie waren Handwerker, die mit Holz, Metall und mit dem Bergbau vertraut waren. Die extreme Arbeitsteilung, wie wir sie heute kennen, war damals einfach nicht gebräuchlich und auch nicht machbar. War ich damals Schmied, dann musste ich mir in den meisten Fällen das Eisenerz selber besorgen und komplett wissen, wie ich es weiterverarbeiten konnte.

 

Auch wenn das Mittelalter als "DUNKEL" bezeichnet wird, so war es doch die Brutstätte von neuen Entwicklungen. In den Städten entstanden die Handwerker-Zünfte, die Handelswege wurde immer stärker verknüpft (Hanse, Fugger, Venedig,...), sprich der Grundstein unserer globalisierten Welt liegt hier.

 

Für die Schmiede bedeutete dies, dass sie sich immer stärker auf das eigentliche "Warmumformen" konzentrierten. Der Bergbau wurde an Spezialisten abgetreten.

 

Jetzt kommen wir zu Venedig. Venedig ist mitunter bekannt für sein Glas. Ein Wahnsinns Exportschlager und sündhaft teuer. Diese Glaskunstwerke waren in China, dem Orient und den europäischen Königshöfen stark gefragt. Keiner wusste, wie die venezianischen Glaskünstler diese Farben ins Glas brachten.

Der Schlüssel für die strahlenden Farben im Glas waren seltene Erze!

Und, wo findet man Erze? Richtig, im Berg!

In Venedig wurden hierfür die besten und erfahrensten Bergbauleute für deren Beschaffung herangezogen. Jetzt war es früher nicht üblich einen Stollen so groß zu machen, dass ein LKW drin rumfahren kann, deshalb wurden zum Abbau der Erze kleine Menschen bevorzugt. Diese Berufsauswahl macht man ein paar Generationen, und schwups ist es in der Berufsgruppe Bergbauer normal, dass man kleinwüchsig ist.

 

Venedigs Hunger nach seltenen Erzen wurde immer größer und konnte nicht mehr durch die Lagerstätten im eigenen Einflussbereich gestillt werden.

Bergbauspezialisten wurden in die weite Welt geschickt, um neue Lagerstätten zu finden.

Berufskleidung war ein schwarzer Umhang und eine lange rote Zipfelmütze.

 

Na, fällt der Groschen schon langsam?

Klein, rote Zipfelmütze, steht in Nachbars Garten rum, ein ZWERG!

 

Jetzt läuft dieser venezianische Bergbauspezialist nicht unbedingt mit einem Schild rum, auf dem dann draufsteht "Suche seltene, wertvolle Erze, zahle jeden Betrag!".

Ist glaub verständlich wenn dieser "Zwerg" Siedlungen meidet und "geheimniskrämerisch" ist. Hat er dann solch eine Abbaustätte gefunden, musste er die Schürfrechte oder das Land für seinen Auftraggeber sichern.

Zurücklaufen nach Venedig und dann wieder zurück, war eine nicht so geschickte Lösung. Sie hatten oftmals sehr große Summen an Geld zur Verfügung, um das Land zu kaufen. Wie immer beim Rohstoffhandel werden Konkurrenten recht ruppig ausgestochen, und im Mittelalter konnten das recht raue Methoden sein. 

 

Jetzt stell dir vor du bist ein Bauer, auf dessen Land nun ein Zwerg rumstiefelt und irgendetwas macht, was keiner so richtig versteht. Der Zwerg findet was und will nun dein Land haben. Du willst nicht verkaufen und vergraulst den Zwerg. Ein paar Tage später geht plötzlich das Gerücht um, dass deine Frau eine Hexe, oder so was ist, rein zufällig natürlich. Da kommt der Zwerg wieder und bietet dir an, wenn du verkaufst, dann könnte er das "Missverständnis" mit deiner Frau klären. Gleichzeitig wirft er dir einen Batzen Geld hin und besticht auch noch mit einer exorbitanten Summer deinen Lehensherren und die Kirche.

 

Jetzt garniert man die Story noch mit ein paar phantastischen Zutaten, und schon kommt "Schneeweißchen und Rosenrot" als Märchen raus.

 

Natürlich mussten die venezianische Zwerge ja irgendwie auch die Qualität der Erze herausfinden. Sie gewannen die Metalle in Rennöfen und selbstverständlich wurde hierbei auch Eisen gefunden. Diese Eisenlegierungen wurden ausgeschmiedet, um sie später genauer auf ihre Bestandteile zu analysieren (siehe hierfür z.B. die Funkenprobe).

 

Und so schließt sich nun der Kreis. Die großen edlen schmiedenden Zwerge der EDDA werden zu verschlagenen, kleinen  Zwergen aus Grimms Märchen.

 

PS: Nicht nur Venedig kam auf den Gedanken, Bergbauleute die klein waren in die Welt zu schicken. Auch die Fugger taten dies! Deren Bergbauleute fanden z.B. in Innsbruck ein lohnendes Investment. Diese Lagerstätte war zwar seit der Bronzezeit schon bekannt, aber erst durch die Investition der Fugger wurde es zu der größten Abbaustätte des Mittelalters ( Silberbergwerk Schwaz , Fugger in Schwaz)

 

 


MOOCit-Frage

 

Wie wurde früher Eisen gewonnen?

 

Eisenerz wurde in Rennöfen erhitzt. Die hierdurch entstandenen Eisenluppen wurden dann in der Schmiedeesse zu Eisen geschmiedet.