Der Zuschläger in der Schmiede


Der Zuschläger

Applaus,Applaus, Applaus, für das beste Werkzeug eines Schmiedes!

 

Ich darf vorstellen, der Zuschläger!

 

Schaut man sich das Bild an, dann könnte man ins grübeln kommen und die Aussage "bestes Werkzeug" anzweifeln, oder?

Keine Ahnung was da Andreas gerade treibt, sieht aber lustig aus!

 

Aber mal im Ernst, was macht denn einen guten Zuschläger aus?

 

Wenn wir denn mal aus unserer Schmiede rausgelassen werden und ausstellen, dann schmieden wir immer zu Schauzwecken. Jetzt findet sich auf jeder Ausstellung oder Messe immer wieder der Typus "KANN-DOCH-NICHT-SO-SCHWER-SEIN-DAS-KANN-ICH-AUCH". Kommt dann noch der Zusatz "KANN-ICH-BESSER", dann ist es passiert!

Schwubs, hat derjenige einen Vorschlaghammer in der Hand und steht am Amboss. :-)

Die Hinweise, vor Beginn der Schmiede-Session, vielleicht ein paar Tipps entgegenzunehmen, wird meistens mit dem Kommentar "JA, DENKST ICH HAB DAS ERSTE MAL EINEN HAMMER IN DER HAND" bei Seite gewischt.

 

Das Eisen ist heiß und die Protagonisten gehen in Position. Zack, der erste Schlag des Schmiedes (meistens ich, Roland) saust auf das Werkstück nieder.

Dann schlägt der "Aushilfs-Zuschläger". Der Vorschlaghammer wird ausgeholt und maximal beschleunigt. Ein Lächeln zeigt sich auf dem Gesicht. Zufrieden stellt die "Aushilfe" fest, wie der Vorschlaghammer mit ungeahnter Wucht Richtung Amboss saust.

Ohne jetzt irgendwie schadenfroh zu klingen, aber jetzt kommt der Augenblick, welcher zu 90% immer so abläuft, und ich muss zugeben, ich hege eine gewisse Sympathie gegenüber diesem AUGENBLICK.

Kurz bevor der Vorschlaghammer auf den Amboss trifft, stellt unser "Versuchsteilnehmer" fest, das Werkstück liegt nicht an der Stelle, an der der Hammer einschlagen wird! BAMM! Es ist passiert, der Schlag ging daneben.

Ich sag dann immer, "Nix passiert, passiert jedem, auch uns!" (Der letzte Satz ist 100% richtig, auch wir schlagen mal daneben :-) )

Für den TYPUS "ICH-KANN-DAS" gibt es jetzt kein zurück mehr, die Schmach muss getilgt werden.

 

Schwung holen, Schlagen, Treffer, Schwung, Schlagen, Daneben, Scheiße, Schwung, Schlagen, Daneben, Doppel-Sch..., Schwung, Schlagen, Treffer, Geht doch!, Schwung, Schlagen, Daneben, Verflucht ist der Vorschlaghammer schwer, schon Schweiß?, ........, 5 Minuten später: ICH BIN TOTAL FERTIG, ICH KANN NICHT MEHR!

 

Warum demonstrieren wir sowas und erzählen dies hier?

 


Die Antwort ist einfach. Als guter Zuschläger muss man bestimmte Qualitäten haben. Einige kann man sich antrainieren, andere bringt man mit! Und, was hier so einfach aussieht, hat so seine Tücken im Detail.

 

Was sind das für Qualitäten, die ein Zuschläger brauch?

  1. Kraft und Ausdauer. Wir schmieden teilweise 10 Stunden am Tag von Hand. Hast so einen 5kg Vorschlaghammer mal 5 Stunden in Bewegung, dann brauchst wahrlich Kraft. Es nutzt auch nichts, wenn er die ersten 5 Minuten den Hammer wie Thor schwingt und nach 5 Stunden das Ding wie ein lauer Frühlingswind Richtung Amboss schwebt.
  2. Präzision. Der Zuschläger bekommt vom Schmied vorgezeigt, an welcher Stelle er das Werkstück treffen MUSS. Insbesondere bei schwierigen Werkstücken (komplizierte Formen, Damast,...) ist dies wichtig. Nehmen wir das Schmieden von Damast als Beispiel. Ein Fehlschlag kann das Muster im Damast komplett zerstören, oder das Materialgefüge wird so verschoben, dass z.B. später beim Härten einer Klinge hierdurch ein Riss oder ein Verzug entsteht. Stundenlange Arbeit wurde dann mit einem Schlag zunichte gemacht.
  3. Feingefühl. Feingefühl bei einem 5kg- oder 10kg-Hammer? Richtig!!! Ein guter Zuschläger kann seinen Vorschlaghammer führen als würde er die Welt zertrümmern können, und beim nächsten Schlag ein Ei aufschlagen. Rohe Gewalt ist beim Schmieden eh fehl am Platze. Spätestens, wenn du als Schmied deine Hand beim Meisel führen in unmittelbarer Nähe des Hammerkopfes hast, dann bist extrem froh, wenn der Kerl präzise und mit Feingefühl trifft!
  4. Schnelle Reaktion und Auffassungsgabe. Eigentlich läuft das wie in einer guten Ehe ab. Der Zuschläger liest die Wünsche dem Schmied von den Augen ab. Wir haben uns darauf verständigt, dass ich durch Hammersignale und kurze Zurufe anzeige, was ich will. (DIE SCHMIEDE-SPRACHE)  Das mit den Augen hat bei uns nicht so richtig funktioniert, da stand dann immer wieder ein Bier oder Leberkässemmel auf dem Amboss - extrem unproduktiv! Auf alle Fälle, der Zuschläger muss zu jeder Zeit wissen was der Schmied so will und braucht. Manchmal bleiben nur Sekunden, in denen man das Werkstück bearbeiten kann, da kannst einfach keinen "Erklärungsroman" erzählen, da muss es "flutschen"! Da wir ja von Hand schlagen und ich als Schmied genauso auf das Werkstück schlage, bewegt sich das Werkstück auch auf dem Amboss. Die genaue Nachführung des Vorschlaghammers durch den Zuschläger ist extrem schwierig.
  5. Technik. AHA? Es nutzt gar nichts, wenn man einen Vorschlaghammer wie bei "Hau-den-Lukas" führt. Die Schlagenergie wird nie so in das Werkstück oder das Werkzeug eingebracht wie es sein sollte. Diesen Punkt werden wir jetzt noch genauer beleuchten:

SCHLAGTECHNIK des ZUSCHLÄGERS


Das Bild 1. zeigt einen rechtshändigen Zuschläger.

 

Mit der rechten Hand hält er den Vorschlaghammer kurz hinter dem Hammerkopf. Mit dem rechten Arm wird die Schlagkraft bestimmt und grob geführt.

 

Es ist ratsam, kurz bevor der Hammer aufschlägt, den Griff der rechten Hand ein wenig zu lockern.

Hältst du den Hammer zu fest, dann geht die Schlagenergie zu einem Teil direkt in deinen Arm und auf die Gelenke. Nach ein paar Stunden schmieden hast dir ruckzuck sonst die Gelenke ruiniert. Des weiteren geht dir sonst viel zu schnell die Kraft aus.

Die linke Hand führt den Stiel. Die Linke hält dabei den Stiel hinten und geht auf der rechten Seite der Hüfte beim Schlag vorbei!

Du siehst dies im Bild zwei.

 

Warum macht der Zuschläger diese "Pendelbewegung" mit der linken Hand über der Hüfte?

 

Nur so kann er gewährleisten, dass der Hammerschlag das Werkstück oder Werkzeug parallel und präzise trifft. (Siehe hierzu Bild 3).

 

Diese Technik funktioniert auch, wenn die Höhe des Aufschlagpunktes sich verschiebt, also nicht mehr die Fläche des Ambosses ist. Ein dickes Werkstück, ein hohes Schmiedegesenk, Meisel, etc..., da können durchaus mal 30-40cm Höhenunterschied da sein.

 

"Übung macht hier den Meister!"

Dieser Spruch trifft hier beim Schmieden sehr gut zu!

 

Die meisten Schmiede haben als Zuschläger angefangen und sich das Wissen des Schmiedes einfach abgeschaut.

Das hört sich vielleicht jetzt an, als sein der Zuschläger-Job nur ein Hilfsarbeiter-Job und auf einer "niederen" Stufe als der Schmied.

"BULLSHIT"!!!!!!

 

Ich mag zwar der Schmied sein und auch mit der Tätigkeit des Zuschlägers vertraut sein, aber weder habe ich die Präzision, noch die Feinfühligkeit, die der Andreas hier als Zuschläger an den Tag legt.

 

Früher, wenn ein Schmied von einem Fürsten in eine andere Gegend berufen wurde, war es üblich, dass der Schmied nur mit seinem Zuschläger den Arbeitgeber wechselte.

Also, wenn dir jemals als Schmied ein solcher Zuschläger wie der Andi über den Weg läuft, dann hast eigentlich schon einen 6er im Lotto!

Der Schmied, welcher einen guten Zuschläger nicht wertschätzt, ist entweder "bescheuert" oder "Maschinenhammerversaut"!

 

Für mich ist er jedenfalls der beste Zuschläger der Welt!